Es gibt nichts Gutes, außer … im Lepra-Dorf nahe Kairo

„Es gibt nichts Gutes, außer: Man tut es. “
Dieses Zitat ist eines der kürzesten Epigramme aus der 1950 veröffentlichten Sammlung „Kurz und bündig“ von Erich Kästner. Es trägt die Überschrift „Moral“. Es fasst zusammen, dass sich nur in unseren Handlungen zeigt, ob wir gut sind oder nicht.
Im Umkehrschluss lässt sich sagen, dass Nicht-Handeln gar nicht gut sein kann.

Lepra – diese Krankheit erzeugt Angst bei Menschen. Erwähnt wurde sie schon 640 vChr. in Afrika, Indien und Persien. Sie hat ganze Bevölkerungsschichten befallen und zu Elend und Tod geführt. Von der Angst ist bis heute nichts gewichen, obwohl es seit 1982 nun wirklich wirksame Medikamente gibt. Lepra ist nur schwach ansteckend und wird durch Tröpfen-Infektion weitergeben. Die Inkubationszeit kann zwischen 5 und 20 Jahren liegen. Betroffen sind vor allem Menschen mit schwachem Immunsystem in einer Umgebung mit mangelnder Hygiene und schlechter Ernährung. Das ist der Grund, warum oft nur sehr arme Menschen betroffen sind, die bei der Pflege ihrer Familie sich dann selbst infizieren.

—– Zur Handlung des Selbst-Handelns —–

Eine Kollegin arbeitete von 2009 bis 2012 in Kairo an der DEO, der Deutschen Evangelischen Schule, an der Ägypter Deutsch lernen und auch das deutsche Abitur ablegen können. Dort wiederum gibt es ein Sozial-Komitee, dass nun schon (Stand heute) seit 30 Jahren das Lepra-Dorf Abu Zabaal, 40 km nördlich von Kairo unterstützt. Die Ärmsten der Armen werden, wie so oft weltweit, am wenigsten unterstützt. Und da Lepra als Krankheit immer noch Angst verbreitet, wurden sie in einem Dorf außerhalb Kairos „untergebracht“. Dieses Dorf wird u.a. von der DEO und dessen Sozial-Komitee unterstützt.

Meine Kollegin brachte diese Aktion mit an unsere Schule und seit 2009 gibt es in der Vorweihnachtszeit eine Spendenaktion, bei der bei einem „Lebendigen Adventskalender“ u.a. gebacken und gebastelt werden kann und der Erlös dann jedes Jahr in den Winterferien von Kollegen und ggf. Schülern nach Kairo gebracht wird, um sie dem Komitee zu übergeben und an einer Verteilungsaktion direkt im Dorf teilzunehmen. Von dem von uns vorher angekündigten Geld wird dann schon in Absprache mit der dort unterstützenden ägyptischen Caritas genau das eingekauft, was zu dem Zeitpunkt am dinglichen im Dorf und im medizinischen Trakt gebraucht wird. Meist sind es Verbandsmaterial, Handtücher, Seife (die als kostbar dort angesehen wird), Lebensmittel und Tee aber auch für jeden ein kleiner Beutel mit Süßigkeiten.


Das Dorf untergliedert sich quasi in den medizinischen Bereich, einem Frauen-Dorf mit Kindern und dem Männer-Dorf. Angegliedert ist auch ein Kindergarten, um die Kleinsten dort tagsüber zu betreuen und vorschulisch zu bilden.

Angekommen im Dorf beginnt man von Tür zu Tür zu gehen und die Spendenmittel zu verteilen. Die Schülerinnen und Schüler einer 9. Klasse sind sichtlich bewegt von so viel Elend und auch Dankbarkeit, die ihnen gegenüber gebracht wird. Magdy Garas, Leiter der Caritas in Ägypten, ist ebenfalls dabei und gibt zusammen mit den Schülern und mit uns Seife, Handtücher, Kleiderspenden, Tee und etwas Süßes aus.

Wie dankbar die Menschen sind, sieht man in ihren Gesichtern und Augen. Das hat uns alle ziemlich berührt, denn wir haben von wirklicher Armut in unserer eigenen Welt kaum eine Ahnung. Hier kommt die Hilfe real an, versickert nicht in irgendwelchen Kanälen oder Taschen. Gehälter für die Betreuung vor Ort und Lieferungen medizinischer Artikel wurden zumal in den letzten Jahren mehr und mehr gekürzt. Ägypten hat es wirtschaftlich momentan nicht leicht, ist sehr auf Devisen angewiesen, war größter Importeur von russisch/ ukrainischen Getreidelieferungen und hat in einem Jahr 4x seine Währung abwerten müssen. Die Not kommt aber immer zuerst bei den Ärmsten an. Aber die Freude in den Gesichtern birgt ein wenig Hoffnung.

Die Schülerinnen und Schüler der 9. Klasse kamen dann schnell mit der Situation vor Ort klar und sehr oft auch ins Gespräch mit den Bewohnern des Dorfes. Es war eine, laut ihrer Aussage danach, tief bewegende Erfahrung, die sie so ein erstes Mal machten. Sie machten ihre Aufgabe wirklich gut.

Wie eng das Leben in den Zimmern wirklich ist und wie wenig Privatsphäre bleibt, sieht man auf den anderen Bildern. Und man bemerkt sehr schnell, wie dankbar die Bewohner dort sind, dass man ihre Situation wenigstens wahr nimmt und Spenden mitgebracht hat. Sie forderten immer wieder auf, Fotos zu machen, damit andere Menschen überhaupt von ihnen zu wissen bekommen.

Aber am Ende der Spendenaktion durften wir den Kindergarten besuchen. Die Kleinsten Bewohner des Dorfes lernen dort und waren sehr überrascht und neugierig, als sie uns zu Gesicht bekamen. Hier kommen die Spenden mit Süßigkeiten, Schulmaterial und Essen an. Die Augen sagen so viel und bergen so viel Hoffnung auf eine bessere Zukunft. Aber die hängt mehr und mehr auch von unseren Spenden ab.

Was bleibt? In mir – dass die Welt mehr Probleme hat, als wir uns eingestehen wollen.
Bei den Bewohnern des Lepra-Dorfes? Bestimmt, dass es Menschen da draußen gibt, die sie nicht vollends vergessen haben.
Bei der Caritas? Spenden, spenden, Spenden, spenden…
Bei den Schülerinnen und Schülern der DEO? Sie werden in naher Zukunft bedeutende Plätze in Politik und Wirtschaft einnehmen. Und diese Erfahrungen hier aus dem Dorf tragen weiter in sich.

Und bei euch? – Nichts hindert einen jeden Menschen, etwas Gutes zu tun. Einfach machen. Und über Spenden zum „Lebendigen Adventskalender am LMG Falkensee“ würden wir uns freuen, denn einen Monat später kommen sie in Kairo an.

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